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Die Prinzessin und der Tyrann [Tora x OC]

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo und herzlich willkommen ;3

Diese Geschichte habe ich bereits 2012 begonnen und hier veröffentlicht, aber niemals beendet (https://www.fanfiktion.de/s/4f23ef4e0002367106632898/1/Die-Prinzessin-und-der-Tyrann-Kaichou-Wa-Mai​d-Sama).

Jetzt habe ich sie in meinen alten Dateien gefunden und habe plötzlich Lust daran weiter zu schreiben und sie auch zu überarbeiten. Ich weiß zwar nicht, ob es tatsächlich noch Leute gibt, die eine "Kaichou Wa Maid Sama" FF lesen wollen, da beides (Anime und Manga) schon älter ist, aber ich hoffe es natürlich (:
Gerne hätte ich die ursprüngliche Story weiter geschrieben, aber leider ist mein Account verloren (mehr oder weniger -.-', Deshalb sorry - auch dafür sie einfach abzubrechen, bevor es spannend wird).

Vorab noch ein paar kleine Hinweise:
Die Figuren (abgesehen von denen, die nicht aus "Maid Sama" geläufig sind) gehören mir nicht, sondern sie gehören Hiro Fujiwara - und ich leihe sie mir nur für diese Story aus.

Die Handlung hat mit dem spätern Verlauf des Mangas nichts zu tun, den ich zwar kenne, aber nicht nutzen will. Viel mehr richtet sich die Geschichte nach dem Anime und knüpft dort an. Oder drücken wir es eher so aus, die Beziehung zwischen Misa und Usui ist noch in der Entwicklung ^^. Auch werden gewisse Charaktere gestrichen und ersetzt (ihr werdet wissen was ich meine, wenn es soweit ist. Aber keine Sorge, wichtige Schlüsselcharaktere bleiben bestehen).

Die Hauptfigur Hime, aus deren Sicht die Geschichte auch erzählt wird, entspringt allerdings meiner Fantasie. Ebenso wie dem, was zwischen ihr und dem Schulsprecher der Miyabigaoka passiert. (Lasst euch aber vom Titel dieser Geschichte nicht täuschen!).
Auch habe ich mich noch nicht entschieden, ob es brisante Szenen geben wird *hust*. Ich lasse das einfach erstmal offen. Es wird aber auf jeden Fall einige Anspielungen geben.

In diesem Sinne hoffe ich, dass ihr fleißig lesen werdet und es euch gefällt (falls denn jemand mitliest :D)
Vielleicht bekomme ich ja sogar ein bisschen Feedback?! Würde mich sehr freuen.

Liebe Grüße
Snowprincess3 Komplett anzeigen

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Hime Hiya

~ ~ ~
 

Es war mein erster Tag im Maid Latte. Allerdings war es nicht das erste Mal, dass ich in einem Café jobbte. In meinem vorherigen Wohnort hatte ich ebenfalls Teilzeit gearbeitet, um meine gesundheitlich angeschlagene Mutter zu entlasten. Doch jetzt musste ich mich ein weiteres Mal an eine neue Umgebung, eine neue Schule und eine neue Arbeit gewöhnen, die zugegebenermaßen etwas gewöhnungsbedürftig war. Über Cosplaycafés hatte ich bislang nur im Internet gelesen. Aber ich war noch nie selbst in einem gewesen, geschweige denn, dass ich in einem gearbeitet hätte. Doch ich brauchte diesen Job wirklich dringend und mein Vorsprechen bei der Chefin Satsuki Hyodo war hervorragend verlaufen. Eine Woche später durfte ich bereits zu meiner ersten Schicht antreten. Zweifelnd beäugte ich die aufwendige Uniform, die jede Maid tragen musste.

Mir war das zwar vorher schon bewusst gewesen, aber den feinen Stoff dann in den Händen zu halten, führte mir vor Augen, dass ich es tatsächlich anziehen musste. Was hatte ich auch anderes erwartet?

„Ist alles in Ordnung, Hime? Du wirkst so nachdenklich. Bedrückt dich etwas?“, riss Satsukis heitere Stimme mich aus den tiefen Gedanken, wobei sie jedoch mitfühlend klang. Mir war bereits aufgefallen, wie lebhaft sie war. Man konnte ihr sicher trotzdem nichts vormachen. Verkrampft mühte ich mich zu einem Lächeln. „Nein, nein, schon in Ordnung“, winkte ich schnell ab, damit sie ja nicht glaubte, dass es mir unangenehm war. Obwohl genau das im Grunde zutraf.

Es würde nichts bringen mich zu beschweren. Schließlich hatte ich diesen Job längst angenommen. Außerdem fand man einen Job mit einer so guten Bezahlung nicht sehr oft. Und wenn wir nicht regelmäßige Einkünfte hatten... Daran wollte ich jetzt lieber nicht denken, weshalb ich den Brocken in meinem Hals einfach hinunterschluckte.

Deshalb zog ich mich in der Garderobe um. Meine Gedanken und Sorgen musste ich während der Arbeit nach hinten stellen, damit niemand etwas bemerkte. Außerdem wollte ich meine Sache gut machen. Halbe Sachen gab es bei mir nicht. Allerdings war ich darin bereits geübt. Als ich zu Satsuki in den Pausenraum zurückkehrte, unterhielt diese sich gerade mit drei weiteren Maids. Erika und Honoka kannte ich bereits – Letztere war laut Satsuki sehr eifrig – doch die dritte Maid sah ich zum ersten Mal. Sobald sie mich bemerkte, wandte die Schwarzhaarige sich zu mir um und lächelte freundlich.

„Du musst die Neue sein. Ich bin Misaki“, stellte sie sich bereitwillig vor.

„Wir alle nennen sie Misa“, ergänzte Satsuki. Dann fiel ihr Blick auf mich und ihre dunklen Augen begannen förmlich zu leuchteten. „Steht Hime die Maiduniform nicht unglaublich gut? Sieht sie nicht süß aus? Wahnsinn ist das, ich glaube ich muss den Fotoapparat holen!“, schwärmte die Chefin in den höchsten Tönen.

„Komm wieder runter, Chefin“, merkte Honoka nüchtern an und musterte mich dabei skeptisch von oben bis unten, „Zunächst einmal muss sie sich unter Beweis stellen. Dass ihr die Uniform steht, macht sie ja nicht gleich zu einer guten Maid.“ Bei diesen Worten funkelten ihre Augen düster. Oh je, das klang nicht gerade als würde sie mir diesen Job zutrauen.

„Misa, kannst du Hime bitte einarbeiten?“, erkundigte Satsuki sich bei dieser und überging Honokas Bemerkung einfach. Es erleichterte mich ein wenig, dass ich so freundlich aufgenommen wurde. Andererseits konnte ich es auch wegstecken, wenn jemand nicht gerade positiv auf mich reagierte. Im Laufe der Jahre hatte ich gelernt, dass andere Menschen einen eben verletzten. Während Misaki mir die Räumlichkeiten des hübschen Cafés zeigte, das allein durch sein angenehmes Ambiente positiv auffiel, musterte ich sie eingehender.

Sie war ein hübsches Mädchen, das bestimmt viele Komplimente erhielt. Trotzdem kam es mir so vor als wäre ihr Charakter ganz anders. Allerdings nicht im negativen Sinne. Seit jeher habe ich die Angewohnheit Menschen genauer zu beobachten, sie sogar ein bisschen zu analysieren. Jemand wie ich muss vorsichtig sein. Schließlich kann man nicht jedem vertrauen. Eigentlich verfüge ich über eine relativ gute Menschenkenntnis. Dieses Talent kann einem ziemlich viel Ärger ersparen. Bei Misaki hatte ich zum Glück den Eindruck, dass wir uns gut verstehen würden.

Sobald wir den Hauptraum des Cafés betraten, erklärte Misaki auf welche Weise die Maids die Gäste begrüßten. Dieses Thema hatte Satsuki bereits angeschnitten.

„Im Maid Latte herrscht wirklich ein angenehmes Klima. Die wenigsten Gäste bereiten uns Ärger, aber wenn doch mal einer zu aufdringlich wird, dann helfe ich dir gerne“, erklärte Misaki mit einem freundlichen Lächeln.

„Ist alles in Ordnung, Hime, du wirkst irgendwie nervös?“, setzte sie hinzu, als ich nichts auf ihre Worte erwiderte. Ob sie bemerkt hatte, wie ich mir nervös auf die Unterlippe gebissen hatte?

Ein wenig rang ich mit mir, ob ich zumindest einen Teil meiner kritischen Situation preisgeben sollte. Andererseits wollte ich nicht gleich am ersten Tag negativ auffallen. Eigentlich beabsichtigte ich das überhaupt nicht. Außerdem bestand die Möglichkeit, dass sie damit zu Satsuki gegangen wäre. Sobald diese erfuhr, welchen Ballast ich mit mir herumschleppte, würde sie bestimmt darauf bestehen, dass ich mir etwas anderes suchte. Nein, im Umgang mit den Gästen und meinen Kolleginnen musste ich mich professionell verhalten. Da hatten meine privaten Schwierigkeiten nichts zu suchen.

„Alles in Ordnung. Trotzdem danke, Misa“, erwiderte ich daher so gelassen wie möglich.

„Anfangs ist es nicht gerade einfach sich an alles zu gewöhnen, das weiß ich. Aber ich bin mir sicher, dass du das schaffen wirst“, ermutigte Misa mich freundschaftlich. Ob sie aus eigener Erfahrung sprach? Also dann, auf in den Kampf! Möge die Stärkste gewinnen. Oder eher die Freundlichste.
 

Es stellte sich heraus, dass es tatsächlich kein Zuckerschlecken war eine Maid zu sein. Aber ich gewöhnte mich ebenso schnell daran. Meine Nerven waren stark wie Drahtseil, was eigentlich nicht weiter verwunderlich war. Satsuki lobte mich nach Feierabend sogar für meine guten Leistungen. Dabei hatte ich nur meine Arbeit gemacht. Darauf ausruhen wollte ich mich allerdings nicht.

Ich schlüpfte in meine Jeans und meinen weißen Pullover, anschließend griff ich nach meiner schwarzen Tasche. Da Misa ebenfalls Feierabend hatte, gingen wir gemeinsam zur Bahnstation.

„Du bist also erst vor kurzem hierhergezogen?“, erkundigte sie sich aufrichtig interessiert.

„Ja“, entgegnete ich kurz angebunden. Denn was sollte ich auch anderes sagen? Dass dies wahrscheinlich nur eine weitere Zwischenstation war? Dass meine Mutter und ich schon so oft umgezogen waren, dass ich kaum mitzählen konnte?

„Es macht nichts, wenn du ein wenig schüchtern bist, das kommt mit der Zeit“, verkündete Misa wie aus heiterem Himmel. Das verstand sie vollkommen falsch! Ich war keinesfalls schüchtern. Na ja, die meiste Zeit jedenfalls nicht. Ich war einfach nur vorsichtig, wem ich vertraute.

Dennoch lächelte ich sie dankbar an. Eigentlich hätte ich nicht erwartet, dass meine Kolleginnen es mir so leicht machen würden. Bei meiner letzten Arbeitsstelle hatte ich massive Probleme bekommen, weil einige meiner Kolleginnen mir die Beliebtheit bei unseren Gästen missgönnt hatten. Es erleichterte mich, dass das Klima im Maid Latte anders zu sein schien.

Beiläufig zupfte Misa sich den Kragen ihrer einfachen, blauen Jacke zurecht.

„An welche Schule gehst du?“, hakte sie neugierig nach. „Ich bin an der Seika“, fügte sie rasch hinzu, „Sie hat zwar nicht gerade den besten Ruf, aber als Schulsprecherin werde ich alles so lange perfektionieren, bis sich daran etwas geändert hat.“ Dabei klang sie so enthusiastisch, dass ich erneut lächeln musste.

„Das klingt gut“, merkte ich aufrichtig an. Ich schätzte Leute, die ein klares Ziel vor Augen hatten und alles daran setzten, um es zu erreichen. Im Grunde war ich ja nicht anders. Und sobald wir mehr Geld hatten konnte es nicht mehr lange dauern, bis wir unsere Sorgen hinter uns lassen konnten. Davon war ich felsenfest überzeugt. Nicht weil Geld mir wichtig gewesen wäre… Die Vergangenheit konnte man zwar nicht mehr ändern, aber eine bessere Zukunft ließ sich damit auf jeden Fall sichern.

„Ich habe ein Stipendium für die Miyabigaoka“, erklärte ich. Obwohl sie vermutlich ohnehin nicht angenommen hätte ich sei wohlhabend. Wozu hätte ich sonst im Maid Latte anfangen sollen? Plötzlich blieb Misa abrupt stehen, worauf ich es ihr gleichtat. Erstaunt starrte sie mich an. Als hätte ich irgendetwas Unfassbares gesagt. Ich musste mich ja selbst noch daran gewöhnen eine Eliteschule für Kinder aus reichem Hause zu besuchen, obwohl ich das ja selbst nicht war.

„An die Miyabigaoka?“, wiederholte sie ungläubig.

„Genau“, gab ich mit einem gleichgültigen Schulterzucken zurück, „Meine Mutter ist der Ansicht gewesen, dass sie mich praktisch aufnehmen müssen, wenn ich ihnen meine Unterlagen zuschicke. Normalerweise ist so etwas eher unwahrscheinlich und ich hätte auch eine andere Schule gewählt. Aber dann hat sie mich einfach dort beworben und ich habe tatsächlich ein Stipendium erhalten.“ Dabei fragte ich mich, wie viele Bewerber es außer mir noch gegeben hatte. Ein Stipendium an einer Eliteschule wie dieser bekam schließlich nicht jeder.

Selbstverständlich freute es mich eine renommierte Schule besuchen zu dürfen. Nur dass dort überhaupt niemand war, mit dem ich mich anfreunden konnte. Diese reichen Kids verstanden doch nichts von unseren Problemen.

„Wie lange bist du bereits dort?“, erkundigte sie sich. Irrte ich mich oder klang sie dabei leicht besorgt? „Seit ungefähr zwei Wochen. Es ist eigentlich in Ordnung“, setzte ich rasch hinzu, damit sie sich keine Gedanken mehr machte. Das war nicht mal gelogen. Bislang hatte ich keine Mühe bei dem Unterrichtsstoff mitzukommen. Es fiel mich zwar schwer mich vollständig zu integrieren, weil meine Mitschüler aus einer gänzlich anderen Welt stammten, aber ich war zuversichtlich, dass sich daran noch etwas ändern würde. Schweigend setzten wir unseren Weg fort und ich begann mich zu fragen, warum sie sich so viele Gedanken über mich machte. Klar, diese Eliteschule war schon erschreckend. Allein wenn man vor dem imposanten Gebäude stand und die schleimigen, hochgestochenen Reden hörte, die einzelne Schüler von sich gaben. Trotzdem war es nur eine Schule. Noch während ich darüber nachdachte, erreichten wir die Bahnstation. Weil wir schnell feststellten, dass wir nicht in die gleiche Richtung mussten, trennten sich hier unsere Wege. Bevor Misa zu ihrem Gleis ging, wandte sie sich jedoch noch einmal zu mir um.

„Halte dich besser von dem Schulsprecher der Miyabigaoka fern – Tora Igarashi – der Kerl ist gemeingefährlich“, warnte sie mich mit ernster Miene, was mich irritiert blinzeln ließ.

„Der Schulsprecher?“, wiederholte ich zaghaft und lachte dann abwertend.

„Ach was, mit dem habe ich doch gar nichts zu tun. Wir gehen ja auch überhaupt nicht in eine Klasse. Bislang bin ich ihm nicht mal begegnet“, winkte ich rasch ab. Ärger wollte ich mir wirklich keinen einfangen – weder mit meinen Lehrern, noch mit den Schülern der Elite. Und wieso sollte sich der Schulsprecher, der zudem auch der Erbe des weltbekannten Igarashi-Unternehmens war, für eine gewöhnliche Stipendiatin wie mich interessieren? Erleichtert lächelte die Schwarzhaarige.

„Das ist beruhigend zu wissen. Bis dann, Hime. Wir sehen uns im Maid Latte“, verabschiedete sie sich und wir gingen beide unserer Wege. Ha ha, was für eine ironische Vorstellung! Der Schulsprecher befasste sich mit einer kleinen Leuchte wie mir, wirklich urkomisch. Als ob das wahrscheinlich wäre!
 

Als ich die Tür zu unserer engen Wohnung aufschloss, drang mir das Geräusch des Fernsehers ins Ohr. „Ich bin zu Hause“, rief ich wie üblich und hängte meine Jacke an den Kleiderhaken, schob einen noch nicht ausgeräumten Karton zur Seite und betrat das Wohnzimmer, das auch gleichzeitig als Schlafzimmer meiner Mutter fungierte. Mehr konnten wir uns einfach nicht leisten. Sie lag auf ihrem Futon und schlief tief und fest, weshalb ich den Fernseher ausschaltete. Sie sah wirklich unendlich erschöpft und blass aus. Ob sie wohl genug aß? Umsichtig deckte ich sie zu und ging in mein kleines Zimmer mit den grauen Wänden, um für die Schule zu lernen. Auf diese Weise sahen meine Tage aus. Vollgepackt mit Verpflichtungen. Nach dem Unterricht, meiner Arbeit und allem anderen war mein Tag noch lange nicht zu Ende. Bis spät in die Nacht saß ich bei dem schwachen Licht meiner Schreibtischlampe an meinen Hausaufgaben. Konzentriert kaute ich dabei an meinem Stift. Wie gesagt, ein Stipendium bekam man nicht leichtfertig hinterher geschmissen. Dafür musste ich hart arbeiten. Nicht dass es mir schwer fiel, aber die letzten Wochen hatten mich trotzdem viel Kraft gekostet. Gegen zwei Uhr nachts gab ich es schließlich auf, schaltete das Licht aus und legte mich schlafen. Eigentlich wäre ich lieber an eine gewöhnliche Schule gegangen, hätte mir normale Freunde gesucht und auch sonst ein ordinäres Leben geführt. Leider blieb mir keine andere Wahl.

Denn auf der anderen Seite war ich die einzige Chance meiner Mutter endlich aus diesem tiefen Loch zu kommen, in das wir gefallen waren, weil man uns hereingelegt hatte. Weil man meine Mutter mies und eiskalt betrogen hatte. Das bereitete mir schlaflose Nächte, was es mir nicht gerade leichter machte. Denn ich musste ja jeden Morgen früh aufstehen und brauchte für die Schule und meine neue Arbeit jeden Funken Energie, den ich aufbringen konnte.
 

Am nächsten Morgen war ich ungewöhnlich spät dran. Normalerweise war ich pünktlich wie ein Uhrwerk. Nur leider hatte mein dummer Wecker zum falschen Zeitpunkt den Geist aufgegeben, sodass ich fast verschlafen hätte. Nein, nein, nein! Das durfte nicht passieren!

Mit einem Apfel im Mund verließ ich das Haus. Während ich die Treppen im Hausflur nach unten stürmte, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, band ich mir meine hellbraunen Haare zu einem lockeren Zopf in den Nacken. An der Haustür begegnete ich dem alten Herr Okumura. Eigentlich war er recht verträglich, nörgelte aber manchmal gerne herum. So auch ausgerechnet an diesem Morgen. Gerade als ich an ihm vorbeigehen wollte, hob er seinen Krückstock an, sodass ich stehen bleiben musste, weil ich beinahe darüber gestolpert wäre. Weil er mir den Weg versperrte. Ich konnte mein Gleichgewicht gerade noch so ausbalancieren.

„Fräulein Hiya“, begrüßte er mich mit seiner dunklen Stimme, die immerzu tadelnd klang. Fragend wandte ich mich zu ihm um. Obwohl ich mich beeilen musste, wollte ich nicht unhöflich sein. „Guten Tag, Herr Okumura“, begrüßte ich ihn. Er gab ein grummelndes Geräusch von sich, machte jedoch keine Anstalten den Weg über die Treppe freizugeben.

„Sie haben noch immer nicht Ihr Namensschild an der Klingel und am Briefkasten befestigt. Wann machen Sie das endlich?“, bellte er wütend. Er war nicht unser Vermieter, aber er wohnte direkt unter uns und schien immer irgendetwas auszusetzen zu haben. Das rang mir ein tiefes Seufzen ab.

Wenn ich pünktlich in der Schule sein wollte, durfte ich mich nicht auf irgendwelche Debatten mit dem griesgrämigen alten Mann einlassen.

„Gleich heute Mittag erledige ich es. Sobald ich nach Hause komme“, versuchte ich ihn zu beschwichtigen und hoffte inständig, dass er es darauf beruhen ließ. Erneut knurrte er missgestimmt, nahm aber dann seinen Stock zur Seite, damit ich zum Bahnhof sprinten konnte, um meine Bahn zu erreichen. Ich schaffte es gerade noch rechtzeitig und atmete tief durch, auch wenn es keinen Sitzplatz mehr gab, da die Bahn wie üblich brechend voll war. Die Sache mit dem Namensschild war übel. Ich hatte meiner Mutter vorgeschlagen einen falschen Namen zu verwenden. Aber das wollte sie nicht, weil sie Angst hatte, dass wir Ärger bekamen, wenn das herauskam. Noch schlimmer wäre es jedoch, hätten uns diese gemeingefährlichen Schuldeneintreiber aufgespürt. Sie hatten meiner Mutter und mir bereits gedroht keine Gnade walten zu lassen. Die Kerle kannten nichts – schon gar kein Verständnis. Dafür waren sie grausam und skrupellos.
 

Kurz nachdem die Drohungen begonnen hatten, weil meine Mutter ihre Schulden nicht bezahlen konnte, die sie bei den falschen Leuten gemacht hatte, hatte ich mit Aikido angefangen. Ich war noch kein Profi und konnte mich höchstens verteidigen, wenn es zu einem Angriff kam. Und ob das für solch finsteren Typen galt, war natürlich auch noch fraglich. Ich hatte sie gesehen. Ihr glänzenden, mordlustigen Augen. Mit denen war nicht zu spaßen. Da machten sie selbst vor Frauen oder Mädchen keinen Halt. Ihnen war auch gleichgültig, dass meine Mutter eine anstrengende, nervenaufreibende Chemotherapie hinter sich hatte. Für Typen wie diese zählte einzig und allein das Geld. Dabei ging es nicht einmal darum, dass wir es nicht zurückzahlen wollten. Allerdings gelang es uns nicht diese horrende Summe auf einen Schlag aufzutreiben, wie sie es gnadenlos verlangt hatten. Deshalb besuchte ich eine Eliteschule. Ich wollte meine Mutter und mich da herausholen. Aus diesem furchtbaren Albtraum, in dem man in ständiger Angst leben musste, dass sie einen fanden. In dem man immer wieder umzog, wenn es brenzlig wurde. Ich wollte einen festen Wohnsitz haben, echte Freunde finden und alles tun, was normale Mädchen in meinem Alter machten. Das ganze Paket. Leider passt sich das Leben nicht unseren Wünschen oder Vorstellungen an. Man muss es sich verdienen.

In der Nähe der Miyabigaoka stieg ich aus. Allerdings musste ich noch ein Stück laufen, was nicht weiter schlimm war. Es war ohnehin besser, wenn niemand bemerkte, dass ich mit öffentlichen Verkehrsmittel zur Schule kam. Eigentlich genügte es bereits, dass man mich aufgrund der Tatsache, dass ich ein Stipendium hatte schräg anblickte. Als wäre ich irgendwie minderwertig, nur weil mein Bankkonto im Gegensatz zu ihrem leer war. Oder als wäre ich von einem anderen Stern. Auf dem Weg richtete ich meine Schuluniform, damit ich auch ja ordentlich aussah. Das Letzte was ich wollte, war, in irgendeiner Art und Weise Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Zum Glück ging ich normalerweise in der Masse unter, selbst wenn diese aus verwöhnten Kids aus reichem Hause bestand. Das einzig Gute an dieser Elite waren die edlen Schuluniformen. Sie waren schick und außerdem fiel dadurch nicht auf den ersten Blick auf, dass ich aus einer völlig anderen Welt stammte. Leider hatte meine Eile an diesem Tag nicht ausgereicht. Wie ärgerlich! Jetzt würde ich doch zu spät zu meiner ersten Stunde kommen. Hätte Herr Okumura mich nur nicht aufgehalten. Nein. Eigentlich trug ganz allein ich die Schuld daran. Ich musste mich jetzt beeilen schnellstmöglich in meine Klasse zu gelangen, um schlimmeren Ärger zu verhindern. Damit ich nicht negativ auffiel. Irgendeine passende Ausrede würde mir schon einfallen, da war ich mir sicher. Der Schulkorridor war wie leergefegt, es wirkte geradezu unheimlich. Man hörte nur meine schnellen Schritte. Aber ich lief nicht. Schließlich kannte ich die Hausordnung und wollte nicht riskieren, dass man mir daraus einen Strick drehte. Doch den hatte ich mir schon längst geknüpft. Oder eher; viele unglückliche Zufälle hatten es.

„Stehen bleiben. Sofort! Du bist zu spät“, wies mich eine matte Jungenstimme zurecht. Abrupt blieb ich stehen. Aufgeschreckt von der Stimme, die ich nicht erwartet hätte, zuckte ich sogar innerlich zusammen. Mist, konnte das nicht nur Einbildung sein? Langsam drehte ich mich zu der Person um, die mich eiskalt erwischt hatte. Ignorieren wollte ich ihn ja nicht. Allerdings traf mich sogleich der Schlag. Vor mir stand der Schulsprecher der Miyabigaoka – Tora Igarashi. So viel zum Thema nicht aufzufallen!
 

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Was denkt ihr? Wie findet ihr Hime bisher? ^^

(Ach ja, ich werde sobald wie möglich die Kapitel hochladen, die ich bereits hochgeladen hatte. Sobald sie überarbeitet sind, ohne zu aktualisieren. Ab dem 6. Kapitel geht es dann gewohnt und regelmäßig weiter). Komplett anzeigen

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