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Soulmate

von

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Komplizierte Partnerschaft


 

Kapitel 11: Komplizierte Partnerschaft
 


 

Valerie
 

Noch nie in meinem Leben hatte mir jemand Schmuck geschenkt. Jetzt, als ich darüber nachdachte: Besaß ich überhaupt irgendwelchen Schmuck?
 

Die goldenen Glöckchen an der feinen Kette waren unglaublich klein, das Geräusch, das sie bei jeder Bewegung erzeugten, so zart, dass es kaum zu hören war. Davon aufzuwachen erschien mir unmöglich. Aber der Wille zählte. Und Adrians Wille hinter dieser Geste hatte ein lauwarmes Gefühl in meiner Brust ausgelöst, das mir zuflüsterte, ich solle das Kettchen anlegen.
 

An diesem Abend lernte ich noch eine ganze Weile. Ich hätte Maka nochmal bitten sollen, den Stoff erneut mit mir durchzugehen. Als ich irgendwann nach Mitternacht beschloss, Schluss zu machen, war die Wohnung still wie ein Friedhof. Ich trat in den Flur, ließ das Licht aus, um Adrian nicht zu wecken, auf den Weg in die Küche für ein letztes Glas Wasser.
 

Meine nackten Füße auf dem glatten Laminat trugen mich so leise durch den Raum, dass das helle Klingeln an meinem Bein umso deutlicher erschallte. Nun, natürlich nicht so deutlich wie die trampelnden Schritte und die aufschlagende Tür plötzlich hinter mir. Atemlos und mit vor Schreck geweiteten Augen kam mein Partner in die Küche, betrachtete erst mich, dann das Wasser in meiner Hand.
 

Wie zur Erleichterung seufzte er: „Alles okay?“
 

Ich nickte nur knapp und staunte. Staunte über das Kettchen; darüber, dass Adrian von dem Klingeln wach wurde; über den Schreck in seinem Gesicht und wie er verronnen war. Über ihn. Und einfach darüber, dass er hier war.
 


 

~*~
 

Ich hatte ein gutes Gefühl, als ich den Prüfungsraum verließ. Ich war eher fertig als viele andere – es mussten einige nachschreiben, wodurch ich mir nicht mehr all zu sehr wie ein Versager vorkam, der durch Literaturprüfungen fiel.
 

Auf dem Flur erwarteten mich Adrian, Soul und Maka. Letztere sprang direkt auf, als sie mich sah, und fragt aufgeregt nach dem Test.
 

„War gut“, versicherte ich ihr grinsend. „Erinner mich daran, dich bei der nächsten Gelegenheit auf eine Pizza einzuladen.“
 

„Wie wäre es mit heute Abend?“, schlug sie vor und hakte sich bei mir unter. „Nur wir beide. Und Soul kann sich mit Adrian beschäftigen.“
 

„Ich will nicht babysitten“, kam es mürrisch von der Sense.
 

Maka kicherte nur und zog mich in Richtung Ausgang. „Adrian ist ein ganzes Stück älter als du.“
 

Ich will nicht babysitten“, erwiderte Adrian daraufhin und imitierte dabei den Tonfall der anderen Waffe, klang dabei allerdings

überhaupt nicht wie Soul.
 

Gemütlich schlenderten wir durch die breiten Flure der Shibusen. Von ihrem Zenit lachte die Sonne durch die hohen Fenster. Die Hallen waren nahezu verlassen, wahrscheinlich genossen die meisten ihre Mittagspause draußen.
 

„Hey Soul“, rief Maka über ihre Schulter. „Lass uns mal nach Aufträgen schauen. Wir müssen diesen Monat noch ein paar machen, damit das Geld reicht.“
 

„Wir würden mit ein, zwei Jobs im Monat locker auskommen, wenn du nicht ständig Geld für neue Bücher ausgeben würdest.“

Empört wirbelte die Meisterin herum. „Das-“, kurz sah es so aus, als wollte sie eine Szene machen, doch dann hielt sie inne und meinte etwas kleinlaut: „Das war ein Sonderangebot.“
 

Die Sense ging schnaubend an uns vorbei und murmelte dabei etwas, was ich nicht genau verstand.
 

Maka tat das allerdings sehr genau, denn sie antwortete aufgebracht: „Dann baust du eben ein neues Bücherregal!“
 

Du baust ein neues Bücherregal.“
 

Ich kicherte kurz über ihren belanglosen Streit, während Adrian zu mir aufschloss und wir unseren Nachbarn zum Schwarzen Brett folgten. Sie zankten sich den ganzen Weg dahin, erst über Makas Büchersammlung, dann darüber, dass sie viel zu viel Geld für Essen ausgeben mussten, weil Soul immer alles anbrennen ließ und dann über das nächste Abendessen und wer dafür zuständig war.
 

Adrian und ich schwiegen, doch es war eine angenehme Ruhe zwischen uns.
 

Am Schwarzen Brett angekommen fiel mein Blick auf den Flyer, der einen Campingausflug in den Blue Mountains anpries, und auf die dazugehörige Namensliste. Auf der ich unter anderem meinen und Adrians Namen fand.
 

„Hey“, sprach ich die Waffe an und versuchte dabei irgendwie streng zu klingen, „melde uns wieder von diesem dämlichen Ausflug ab.“
 

Von der Seite schaute er ein wenig missmutig auf mich herab. Und ließ mich eiskalt abblitzen: „Nö.“
 

Brodelnde Wut stieg langsam in mir hoch, doch ich schluckte sie entschlossen runter und erklärte ruhig: „Ich kann da nicht hingehen und du weißt auch ganz genau warum.“
 

Nun drehte er sich vollständig zu mir um und ich hatte das Gefühl, dass er seine Körpergröße schamlos ausnutze. „Ich dachte, das wäre erledigt.“
 

„Das ist überhaupt nicht-
 

„Ich will nicht campen gehen!“, eine mir wohlbekannte Stimme unterbrach mich, „Camping ist kacke!“ Hinter Adrian tauchte erst Cordelia im Gang auf, dann Raphael.
 

„Camping ist toll“, widersprach Raphael ihr.
 

Na super, dachte ich mir mit einer bösen Vorahnung.
 

„Fahrt ihr dieses Wochenende auch in den Nationalpark?“, sprach Adrian meine Vermutung aus.
 

Raphael nickte zustimmend. „Ja. Ihr auch? Das ist ja super.“
 

Er und Adrian strahlten sich über beide Ohren an, während mir beinahe das Kotzen kam. Warum verstanden sich die beiden überhaupt so gut? Nach seiner letzten Begegnung mir Cordelia sollte Adrian ihnen doch wenigstens ein bisschen feindlich gesinnt sein. Oder nicht?
 

„Wie siehst du denn aus?“ In ihrer üblichen Manier mit hohen Schuhen und einer noch höheren Nase kam Cordelia auf mich zu und betrachtete mich argwöhnisch. „Hast du mal in den Spiegel geschaut?“ Sie nahm eine rote Haarsträhne von meiner Schulter, warf sie allerdings direkt wieder fort, als hätte sie etwas furchtbar Widerliches angefasst.
 

„Ja, das habe ich. Solltest du auch mal zur Abwechslung tun“, konterte ich bissig. Ich ließ mich nicht von ihr runtermachen. Nicht mehr.
 

„Hey. Benehmt euch“, kommandierte Raphael, als wären wir zwei knurrende Hunde.
 

Er wurde gnadenlos ignoriert.
 

„Weißt du, Val“, kurz zuckte ich zusammen bei der Kurzform meines Namens. So wurde ich schon lange nicht mehr genannt und es versetzte mir einen kleinen Stich, das jetzt aus ihrem Mund zu hören. „Eigentlich brauchen Raph und ich solchen Kram gar nicht. Diese niedlichen Ausflüge, die sich der Shinigami ausdenkt, sind ja doch eher was für Anfänger. Das haben wir überhaupt nicht mehr nötig. Weißt du“, schwungvoll warf Cordelia sich die langen, blonden Haar nach hinten und blitzte mich provokativ an, „Raph und ich werden zum nächsten Semester die Aufnahmeprüfung machen. Vorhin kam die Bestätigung. Doktor Stein meint, unsere Chancen stünden exzellent. Wir könnten jetzt schon bestehen, hat er gesagt, aber da ließ Shinigami nicht mit sich reden. Na ja“, sie machte eine abfällige Handbewegung über die Schulter, als wäre es keine große Sache, dass sie noch ein paar Monate in der NOT hocken mussten. „Und wie weit bist du, Valerie?“
 

Etwas Giftiges – giftiger als Zorn – kroch mir durch den Leib und ätzte in meiner Kehle.
 

„Willst du mich provozieren?“
 

„Ich weiß nicht.“ Abwesend, als hätte sie mich nicht gerade herausgefordert, begutachtete sie ihre dunkel lackierten Fingernägel. „Lässt du dich denn provozieren?“
 

Mein Blick fiel auf die Waffe neben mir. Vielleicht war es Trotz oder Starrsinn oder einfach das schiere Bedürfnis, mich zu beweisen, das mich dazu trieb, Adrian zu fragen: „Kannst du dich vollständig verwandeln?“
 

Blanke Unsicherheit überfiel sein Gesicht. „Keine Ahnung. Ich … ich hab das bis jetzt nur einmal versucht.“
 

„Dann versuchst du's jetzt ein zweites Mal.“
 

Auffordernd streckte ich ihm meine Hand entgegen. Im Augenwinkel sah ich, wie Raphael die Augen verdrehte und sich ein paar Schritte entfernte, während Cordelias schlanke Klinge in einem gleißenden Licht in seine Finger glitt. Sie war ein unglaublich schönes Messer. Die Spitze war schlank und ihr Griff war verziert mit grazilen Ranken.
 

Bildete ich mir das nur ein oder war die Klinge länger als das letzte Mal, als ich sie gesehen hatte.
 

„Verwandel dich“, befahl ich.
 

Adrian glitt der Schreck durch den Körper. „Ich kann das nicht. Ich will mich nicht prügeln.“
 

„Verwandel dich“, wiederholte ich. „Jetzt.
 

Einen langen Augenblick zögerte er noch. Dann gab er nach. Ein heller, weißer Schein umgab ihn und meine Hand. Einen Moment später lag ein Messer darin, das … na ja.
 

Was sollte man dazu sagen? Der Griff war rau und aus grobem Holz, das Gewicht ungleichmäßig und die Klinge …
 

„Sag mal, willst du mich verarschen?“
 

Entsetzt starrte ich auf das Instrument in meiner Hand. Die Klinge war trüb, verblasst und stumpf.
 

„Ich hab dir gesagt, dass ich das nicht kann.“
 

Da lag ein gewisses Maß an Verletzlichkeit und Angst in seiner Stimme und kurz fühlte ich mich schlecht, ihn dazu gezwungen zu haben. Doch der Moment verging so schnell, wie er gekommen war.
 

Ich ging in eine Kampfposition. Raphael tat es mir gleich, doch er rührte sich nicht. Er machte nie den ersten Schritt. Manch einer mochte das als feige abtun, wenn er den wahren Grund dahinter nicht kannte, oder als sehr gerissen.
 

Mit schnellen Schritten sprintete ich auf meinen Gegner zu, täuschte einen Angriff von links an, um ihn von rechts zu treffen. Seit einer Rippenverletzung war seine Taille auf dieser Seite empfindlich. Im Augenwinkel sah ich einen der Lehrer heraneilen.

Der Schlag ging daneben. Ein weiterer wurde pariert. So ging das eine Weile, ohne das Raphael ernsthafte Anstalten machte, selber aktiv anzugreifen.
 

Ein genervtes Knurren kam von seiner Waffe. Cordelia wurde wütend. Sie hatte die schlechte Angewohnheit, in ihrer Wut die Bewegungen ihres Meisters zu lenken. Ein unangenehmes Gefühl für denjenigen und eigentlich hatte ich geglaubt, Raphael hätte sie in dieser Hinsicht gezähmt.
 

In einem unkontrollierten Impuls schoss sein bewaffneter, linker Arm nach vorn. Ich nutzte den Augenblick, in dem seine Seite ungedeckt war, und rammte Adrians stumpfe, nutzlose Klinge in die schmerzhafte Stelle. Ernsthaften Schaden konnte sie ja nicht anrichten.
 

So geschmeidig, wie es mir möglich war – ich war nicht sehr gut darin, aber ich gab mein Bestes – ließ ich meine Seelenwellen durch meinen Arm in meinen Partner gleiten. Hätte ich gewusst – eigentlich hätte ich damit rechnen müssen – was das mit mir machte, wäre ich vorsichtiger gewesen.
 

Hätte ich geahnt, was das mit Adrian machte, hätte ich es ganz gelassen und auf die Prügelei verzichtet.
 

In dem Moment, in dem unsere Seelenwellen aufeinander trafen riss etwas auf. Im wahrsten Sinne des Wortes: Innerhalb eines Augenblicks spürte ich, wie die Haut an meinen Armen aufriss. An Stellen, von denen ich wusste, dass sie bereits lange vernarbt waren.
 

Krachend schlug ich in Raphaels Seite. Der Stoß befeuerte den Schmerz, der sich nun durch meinen ganzen Oberkörper zog, und aus Reflex ließ ich die Waffe fallen. Mein Gegner taumelte stöhnend einige Schritte zurück, fing sich aber schnell wieder und lief erneut auf mich zu. Seine Bewegungen dabei waren stockend und ungelenkig.
 

„Verdammt, Cordelia, lass den Scheiß!“, fluchte Raphael laut auf.
 

Mit aller Kraft, die meine blutenden Arme aufbringe konnten, packte ich ihn, warf ihn mit einem Handgriff, den ich mal in irgendeinem Selbstverteidigungskurs gelernt hatte, über meine Schulter und trat ihm das Messer aus der Hand.

Cordelia schlitterte meterweit über den polierten Boden. Als sie endlich zum Stehen kam, verwandelte sie sich und trampelte wütend zurück.
 

„Du bist so ein Schwächling!“, fauchte sie ihren Meister dann, doch da war ich schon außerhalb ihres Radius'.
 

Abseits an der Wand gelehnt saß Adrian. Heftig atmend und zitternd hielt er sich die Unterarme. Die dünnen Ärmel seines Oberteils waren mit seinem Blut rot gefärbt. Wie ein getretener Welpe sah er zu mir rauf.
 

„Kannst–“, ich brauchte einen tiefen Atemzug, um den Kloß in meinem Hals runter zu würgen und meine Stimmer wiederzufinden. „Kannst du aufstehen?“
 

Er nickte knapp und rappelte sich mühselig auf. Der Lehrer, der als Zeuge kam – es war nur ein junger Referendar, der wohl gerade den Schreck seines Lebens bekommen hatte – wies uns stotternd an, ins Krankenzimmer zu gehen. Soul und Maka, die die ganze Szene mit angesehen hatten, folgten uns schweigend.
 

Nygus stellte keine Fragen oder bedachte uns mit komischen Blicken. Sie versorgte lediglich unsere Wunden und drückte uns anschließend jeweils einen Schokoriegel in die Hand „zur Aufmunterung“, bevor sie sich an ihrem Schreibtisch in einer abgelegenen Ecke des Zimmers setzte.
 

Ich saß neben Adrian auf dem Krankenbett und brachte kein Wort heraus. Unsere Nachbarn standen uns gegenüber neben der Tür.
 

„Tut mir leid“, murmelte meine Partner. „Hab ja gesagt, dass ich das nicht kann.“
 

„Schon ok.“ Ich schüttelte den Kopf. Ich glaubte ihm die Entschuldigung nicht. Er sollte sich nicht entschuldigen müssen, schließlich hatte er nichts falsch gemacht.
 

„Ist das immer“, er deutete auf seine Arme, „so? Also … ich meine, ist das normal?“
 

„Nein. Ich denke nicht.“ Unschlüssig sah ich zu Maka. „Oder?“
 

Sie bedachte uns mit ernster Miene und wollte gerade den Mund aufmachen, da kam ihr Partner ihr zuvor: „Habt ihr ernsthaft geglaubt, dass ihr nach ein paar Tagen schon kämpfen könnt? Das ist ja lächerlich.“
 

„Soul. Bleib höflich.“ Maka stieß der Waffen ihren Ellenbogen leicht in die Seite, bevor sie sich wieder an uns wandte. „Aber er hat Recht. Solche Abwehrreaktionen sind am Anfang allerdings ganz normal. Zuallererst müsst ihr Vertrauen zueinander aufbauen und als Team euren Rhythmus finden. Das passiert nicht von heute auf morgen.“
 

Zustimmend nickte die Sense und kam mit kräftigen Schritten auf uns zu. Oder eher auf Adrian. „Und du“, bei jedem Wort boxte er ihm leicht auf die Brust, „musst. an dieser. uncoolen. Verwandlung. arbeiten.“ Mürrisch verschränkte er die Arme. „Die war ja grauenhaft.“
 

Peinlich berührt senkte Adrian den Kopf und rang mit den Händen. „Ich hab das vorher nur einmal gemacht.“
 

„Auch mit einem Meister?“
 

Adrian zögerte einen Moment. „Ja.“
 

Etwas in mir verkrampfte sich.
 

Soul fragte weiter: „Und wie war das?“
 

Alles an meinem Partner spannte sich an. „Na ja...“ Nervös krallten sich seine Finger in den Stoff seiner Hose. „Irgendwie anders. Leichter.“
 

Das verkrampfte Gefühl in mir verwandelte sich in Übelkeit. Warum war er hier, in Death City, wenn er da draußen jemanden hatte, mit dem er kompatibel war?
 

„Und warum bist du dann nicht mit dieser Person zusammen?“, sprach Soul meine Frage in einem heftigen Ton aus, der Adrian zusammenzucken ließ.
 

Maka zerrte ihn am Arm gepackt weg und zischte etwas, was ich nicht verstand.
 

„Das –“, alles an Adrian bebte vor Anspannung. „Das … geht nicht ... Sie ist tot.“
 

Ein schauriger Schrecken zog wie eine eiskalte Brise durch den Raum, gefolgt von zähem Schweigen. Sogar Nygus Stift, der bis gerade eben noch schabend über das Papier geflogen war, hielt inne.
 

„Soul“, durchbrach Maka die unangenehme Stille nach einigen Momenten, „wird heute Abend Lasagne machen.“ Ihre Waffe wirbelte herum, als hörte er das gerade zum ersten Mal. Doch jeglicher Protest wurde mit einem einzigen Blick seiner Meisterin erstickt. „Ihr seid gerne eingeladen.“ Damit packte sie ihren Partner am Ärmel und zog ihn nach draußen.
 

Trotz der geschlossenen Tür konnte man die Anfänge ihres Streites auf dem Flur hören.
 

„Das war ja super, wie du eine so empfindliche Wunde aufgerissen hast! Idiot!“
 

„Als wäre das Absicht gewesen!“
 

„Trotzdem hättest du noch so bohren sollen.“
 

„Maka, ganz ehrlich: Er hätte es mit jedem anderen Meister – “
 

Der Rest ging mit der Entfernung in einem unverständlichen Murmeln unter, bis nur noch Schweigen uns empfing.
 

„Du könntest es mit jedem anderen Meister einfacher haben“, vervollständigte ich Souls Satz.
 

Mein Blick heftete sich an meine Zehen und den Boden darunter. Die bebende Übelkeit in mir hatte nachgelassen und zurück blieb nur eine geschwollene Leere.
 

„Du erinnerst mich irgendwie an sie.“ Adrian schaute monotone Löcher in die Luft. Seine Fingerspitzen bebten leicht über dem dunklen Stoff der Schuluniform. „Ich glaube … Ich habe das Gefühl, etwas wieder gut machen zu müssen.“ Ein leises, bitteres Lachen verzog sein Gesicht und er schüttelte den Kopf. „Nein, vergiss das. Da gibt es nichts gut zu machen.“
 

Zögernd sah ich zu ihm auf. Er sah aus wie jemand, der schon so oft geweint hatte, dass er nun nicht mehr in Tränen ausbrechen konnte. Wie ein verbitterter alter Mann. Und das mit 17.
 

„Was ist passiert?“, wagte ich zu fragen, wünschte mir allerdings im selben Moment, ich hätte es nicht getan, als die beißende Kälte seiner Augen mich traf.
 

Ganz kurz sah es so aus, als wollte er es mir tatsächlich erzählen, doch da trat Nygus räuspernd von hinten heran.

„Dies ist nicht der Ort, um tragische Vergangenheiten aufzuarbeiten.“
 

Sie drückte mir zwei Blätter in die Hand: Freistellungen für den heutigen Nachmittagsunterricht. Damit schickte sie uns weg.

Ich gab Adrian seinen Zettel und stand langsam auf. Als ich schon an der Tür war, saß er immer noch auf der Kante des Bettes und starrte auf sein Blatt Papier.
 

„Jetzt komm schon“, drängelte ich.
 

„Ist es nicht schlecht, wenn wir den Unterricht verpassen?“
 

„Ach was.“ Ungeduldig nahm ich ihn bei der Hand und zog ihn aus dem Zimmer voll düsterer Atmosphäre. „Die paar Stunden sind leicht nachgeholt. Außerdem hat das Semester gerade erst angefangen.“
 

„Jemand der durch Prüfungen fällt, sollte so etwas nicht sagen.“
 

Böse blitze ich ihn über die Schulter an. Da grinste er doch glatt verschmitzt, doch das Lächeln erreichte seine Augen nicht. Aber er konnte gut so tun, als wäre alle in Ordnung, obwohl seine innere Unruhe seine Hand immer noch zittern ließ.
 

Deshalb ließ ich sie nicht los. Und Adrian machte keine Anstalten, mich abzuschütteln. Also liefen wir so, Hand in Hand, bis ich an der Haustür den Wohnungsschlüssel rauskramen musste.
 

Den ganzen Nachmittag verbrachten wir faul auf der Couch. Die Füße auf den tiefen Tisch gelegt tranken wir einen Tee nach den anderen und schauten alle Harry-Potter-Filme, die ich besaß.
 

Zwischen spannungsaufbauender Musik und dem Gekicher der Maulenden Myrte sprach Adrian plötzlich leise: „Irgendwann erzähl ich's dir. Wenn's nicht mehr ganz so schlimm ist.“
 

Verschlafen vom Film schaute ich müde zu ihm rauf „Was erzählen?“
 

Kurz sah er mich tiefgründig ab, dann winkte er allerdings ab: „Ach nix“, und wir beließen es dabei.
 

Irgendwann im dritten Teil klopfte es an der Tür und Maka trat herein. Gefolgt von Soul, der in einer sehr peinlichen Kochschürze, die garantiert nicht ihm gehörte, eine dampfende Auflaufform in unsere Küche trug.
 

Wir zogen das Sofa aus und aßen vor dem Fernseher, während die Filme liefen.
 

Irgendwann schlief ich ein. Ich bekam gar nicht mehr mit, wie Maka und Soul später am Abend gingen. Ich merkte nur das Ruckeln, als Adrian mich ins Bett trug, und die angenehme Wärme seines Körpers.



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