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Falling Blossoms

von

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Chrysanthemum

Schneller. Er musste hier weg. Panisch sah Mayu nach hinten, aber er konnte niemanden entdecken, weswegen er sich erlaubte, inne zu halten um wieder zu Atem zu kommen. Er wusste nicht mal, was er falsch gemacht gehabt hatte. Den Menschen in dem kleinen Dorf war das Wasser ausgegangen und er hatte den Dorfbrunnen durch seine Kräfte wieder gefüllt. Seitdem wurde er mit Fackeln und Mistgabeln gejagt. Dabei hätten sie ihm doch dankbar sein müssen…“Da vorne ist er. Fangt die Hexe und verbrennt ihn! Lasst ihn nicht entkommen!“ Mayu gab einen erschrockenen Laut von sich, bevor er blindlings in eine Richtung los rannte, nur weg hier. Warum setzte sich seine Tante nicht für ihn ein und hielt diese Verrückten auf? Ein leises Schluchzen entkam ihm, während er schneller rannte, sich nicht an den Ästen störte, welche ihm ins Gesicht schlugen. „Mayu~“ Ein leises Hauchen erregte seine Aufmerksamkeit und er rannte automatisch auf diese Stimme zu, warf sich schließlich auch der Frau in die Arme, welche in der Mitte des Flusses stand und ihn mit einem sanften Lächeln auffing. Der Wald hinter ihm jedoch blieb nicht so friedlich und innerhalb weniger Momente waren die Dorfbewohner aus dem Unterholz gebrochen und hatten sich am Flussufer versammelt, doch etwas irritiert von der Kreatur vor ihnen, aber nicht bereit, nachzugeben oder die Hexe entkommen zu lassen.
 

Ein Blick auf die Fackeln jedoch reichte der Frau und mit einem Fauchen, welches ihr bedrohliches Gebiss voller scharfer Zähne enthüllte, hatte sie eine Wand aus Wasser auf die erstarrten Dorfbewohner losgelassen, bevor sie mit Mayu in den Armen im Fluss versank, welcher sich mit zusammengekniffenen Augen an ihre Brust drückte. Er konnte nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war, aber als er die Augen wieder öffnete, befanden sie sich in einem wunderschönen Garten, welcher voller Blumen und Büschen war, die er gar nicht kannte. Mayu blinzelte irritiert, als ihm bewusst wurde, dass sie sich immer noch im Wasser befanden, allerdings nicht in einem Fluss, sondern in einem kleinen See und dass die Frau, welche ihn immer noch eng an sich heran presste, weinte. „Mama…“ Zaghaft legte er ihr eine Hand auf den linken Oberarm, bedeckte sie doch ihr Gesicht mit den eigenen Händen und sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen bei diesem Anblick. „Bitte…Bitte weine nicht. Nicht wegen mir.“ Mit einem leisen Schluchzen wurde er nur noch enger an seine Mutter gedrückt, sah erst irritiert auf, als er Schritte hörte und ein Mann den Garten betrat, welcher sie entsetzt musterte. Für einige Sekunden war Mayu bereit, alles zu tun, was in seiner Macht stand, um sie zu verteidigen, dann war die fremde Person bei ihnen und half ihnen aus dem Wasser und er konnte nur verwirrt zwischen ihnen hin und her sehen. „Oh Gott, Silva…Was ist denn nur passiert?“ Seine Mutter sah müde auf und Mayu wäre fast hintenüber gefallen, als er sah wie diese den Mann küsste. Wie ekelhaft. „Sie wollten ihn töten, Orion. Sie wollten unseren Sohn töten.“
 

Mayu schreckte mit einem erstickten Laut aus dem Schlaf, es dauerte einige Momente bis er sich wieder soweit orientiert hatte, dass er wusste, wo er war und mit wild klopfendem Herzen setzte er sich richtig auf und fuhr sich müde durch die Haare. Dieser Tag war schon so lange her…Und er hatte ihn perfekt verdrängt. Es war so viel passiert damals, dass er sich eigentlich gar nicht erinnern wollte, aber jetzt, wo alles wieder hochgekommen war…Kurz warf er einen Blick neben sich, aber Issay schlief ungestört weiter und mit einem schwachen Lächeln war er aufgestanden, dass er langsam nach unten in die Küche gehen und sich erstmal Tee aufsetzen konnte. Erst dort wagte er es auch wirklich, Licht zu machen und vergrub für einen Moment das Gesicht in den Händen. Wieso war diese Erinnerung ausgerechnet jetzt erneut aufgekommen? Bis heute verstand er nicht, wieso die Menschen ihn hatten töten wollen, aber vermutlich hätte er seinen Vater nie kennen gelernt, wäre seine Mutter nicht mit ihm geflohen. Müde fuhr er sich durch die Haare, starrte aus dem Küchenfenster, während er das heiße Wasser vorsichtig über seine getrockneten Kräuter goß. Wie hatte er das alles vergessen können? Seine Mutter war Schuld an seiner Liebe zu Kräutern und der Natur. Sie war es auch, welche ihn von Japan aus nach Frankreich gebracht hatte damals.
 

Die Distanz hatte sie beinahe alle ihre Kräfte gekostet und sie hatte sich nie wieder richtig erholt, aber ihm keine Vorwürfe gemacht. Sie war so eine sanfte Frau gewesen, immer verständnisvoll, immer hilfsbereit und gütig. Mayu musste schlucken, er spürte deutlich die Tränen in seinen Augen brennen, aber er weigerte sich, ihnen nachzugeben. Sie war eine Wassernymphe gewesen, welche sich in einen Mondhasen verliebt hatte. Aber seine Eltern hatten ihn ganz normal aufwachsen lassen wollen, weshalb sein Vater nach Frankreich gegangen war um in der Unterwelt dort Zuflucht zu finden und seine Mutter hatte eine arme Bäuerin überreden können, ihn als ihren eigenen Sohn aufzuziehen, nachdem diese sich weinend im Fluss seiner Mutter hatte ertränken wollen, weil sie es nicht schaffte, ihrem Ehemann den erwünschten Erben zu gebären. Mayu erschauderte leicht, bevor er die Finger eng um seine Teetasse schlang und das Gesicht verzog, als die Wärme seine Finger verbrannte. Er hasste es, allerdings hielt der Schmerz ihn auch soweit im Hier und Jetzt, dass er sich nicht in den Erinnerungen verlieren konnte und dafür war er wieder dankbar. Hätte er den Dorfbewohnern damals nicht helfen wollen…Wer wusste, wie sein Leben sonst verlaufen wäre? Nach ihrer Flucht war er in der Unterwelt aufgewachsen und von seinen Eltern ausgebildet worden…Mit einem schwachen Lächeln erinnerte er sich an das stolze Gesicht seines Vaters, als dieser ihn damals gebeten hatte, ihm bei der Pflege seines Gartens zu helfen und er es einfach hatte regnen lassen. Es war ihm logisch erschienen in den Moment.
 

Schlussendlich musste er sich doch ein paar Tränen wegwischen, atmete tief durch. Er hatte so lange nicht an seine Eltern gedacht und völlig verdrängt, dass er nicht in Paris aufgewachsen war…Und es gab nichts, dass er würde tun können. Sein Vater war vor hundert Jahren gestorben, seine Mutter kurz davor. Völlig erschöpft, aber mit einem Lächeln auf den Lippen und er konnte sie vor sich sehen, als ob es gestern gewesen wäre, dass er sie verloren hatte. Ihre langen, türkisen Haare, die gütigen, grünen Augen. Ihre Haut war immer blass gewesen, im Wasser gar nicht mehr zu sehen, aber er hätte schwören können, dass es kurz vor ihrem Tod schlimmer geworden war. Ein leises Schluchzen entkam Mayu, er hatte für sie so lange durchgehalten. Für seine Eltern hatte er immer versucht, alles so zu machen, dass jeder stolz auf ihn war. Hatte seine Kräfte auch nach ihrem Tod weiter trainiert, alles getan, was von ihm erwartet worden war und kein Bedürfnis verspürt, die Sicherheit der Unterwelt wieder zu verlassen. Aber dann war Issay gekommen und je länger darüber nachdachte, desto hartnäckiger drängte sich ein Gedanke auf. Hatte er überhaupt gelebt, seit er seine Eltern verloren gehabt hatte, oder nur funktioniert?
 

Lange hielt es ihn nicht mehr in der Küche und er ließ die unberührte Tasse Tee stehen um zurück ins Schlafzimmer zu gehen und sich eng an seinen Liebsten zu kuscheln, während die Tränen erneut kamen. Dieses Mal versuchte er nicht, sie aufzuhalten, nicht mal als Issay ein leises Murren von sich gab und sich etwas drehte, dass er ihn eng in seine Arme ziehen konnte. „Michan…“ „Schon gut.“ Zwar konnte er hören, wie besorgt Issay war, aber er wusste einfach nicht, wie er sich erklären sollte. Diese Gefühle waren so plötzlich gekommen, dass sie ihn einfach überwältigt hatten. „Mir ist nur bewusst geworden, wie sehr ich dich eigentlich liebe.“ Issay zog ihn eng in seine Arme und Mayu war dankbar, dass dieser nicht weiter nachfragte, denn er hätte nicht darüber reden können. Aber das Gefühl, festgehalten zu werden, zu wissen, dass jemand da war, der ihn auffangen konnte und wollte, war genug. Irgendwann hatte er sich ausgeweint und begann wieder einzuschlafen, wobei er sich fest vornahm, dass er Issay alles erzählen würde. Später, wenn sie wach waren und er klar denken konnte, statt aus einem Alptraum aufzuschrecken und völlig neben sich zu stehen. Es war schön zu spüren, dass er aufrichtig geliebt wurde und dieses Mal war sein Schlaf traumlos und ruhig, dass er sich nach einigen Stunden verwirrt fragen musste, wieso seine Wangen sich nass anfühlten. Issay strich ihm liebevoll über die Wange und gähnend schmiegte sich Mayu der sanften Berührung mehr entgegen. Egal was passiert war, er hatte Issay bei sich und für den Augenblick war das alles, was wirklich zählte.
 

Ewig hatten sie jedoch nicht im Bett liegen können und während Mayu unter die Dusche verschwunden war, war Issay nach unten gegangen, dass er ihnen Frühstück zubereiten konnte. Dort wunderte er sich zwar kurz über die Tasse Tee, hatte diese allerdings erstmal zur Seite gestellt, man wusste ja nie. Mayu hingegen war sich schnell sicher, dass das nur ein Traum gewesen war, als er in die Küche gegangen war. Das warme Wasser spülte alle Erinnerungen und den faden Beigeschmack der Vergangenheit davon und als er komplett umgezogen zu Issay in die Küche kam, drückte er seinem Liebsten einen sanften Kuss auf die Wange und nahm dankend die frische Tasse Tee entgegen um einen großen Schluck zu trinken. Perfekt. Allein dafür hatte es sich gelohnt, ein größeres Kräuterbeet anzulegen. Immerhin ergab nicht jede Heilpflanze einen guten Tee. Und sie hielten einiges an Ungeziefer fern, nur leider nicht alles. „Weißt du…Ich würde dich wahnsinnig gerne mal zeichnen.“ Issay hob eine Augenbraue und Mayu zuckte mit den Schultern, während er sich eine Scheibe Weißbrot aus dem Toaster angelte und direkt danach die zweite Scheibe auf seinen Teller fallen ließ. „Wer weiß, vielleicht ist das gut für meine Kunst…“
 

Kopfschüttelnd reichte Issay seinem Freund die Marmelade aus dem Kühlschrank, direkt gefolgt von zwei Packungen Schinken und Mayu begann summend ihren Küchentisch zu decken, wobei er immer wieder einen Schluck von seinem Tee nahm und genüßlich aufseufzte. Es gab nichts besseres als selbstgezüchteten Tee. Sicher war es ein höherer Aufwand, als diesen in Beuteln zu kaufen, aber der Geschmack war anders, wenn er sofort gekocht wurde. „Sag nicht, du hast Angst, dass ich deine natürliche Schönheit zur Geltung bringen könnte?“ Issay hob eine Augenbraue und Mayu streckte diesem die Zunge heraus. „Sag mal, hast du dir heute Nacht eigentlich Tee gekocht, Liebling oder ist das ein Experiment von dir?“ „Huh?“ Mayu legte fragend den Kopf schief, bis Issay ihm besagte Tasse zeigte, welche neben der Spüle stand und er erstarrte komplett, während die Gedanken in seinem Kopf zu rasen begannen. War das doch real gewesen? Aber wieso…Mayu blinzelte einige Male, aber ihm wollte nichts einfallen, dass er sagen könnte, ohne verraten zu müssen, wieso es ihn so durcheinander brachte, weswegen er seinen Freund schließlich beinahe schon hilflos ansah und mit den Schultern zuckte. „Ich glaub beides.“, stellte er schließlich schwach fest und fuhr sich müde durch die Haare. Hatte der Traum ein Zeichen sein sollen? Aber was für eines? Wäre es doch besser, nach Paris zurück zu gehen? Oder hatte es ihn einfach aufgewühlt, dass in seiner Umgebung jemand gestorben war? Dabei waren es doch nur Menschen gewesen, nichts, was ihn sonst aus der Bahn warf.
 

Im nächsten Moment fand er sich in Issays Armen wieder und schloss die Augen. „Egal was es ist, ich bin für dich da, Michan.“ Er nickte schwach, zuckte etwas mit den Schultern und fragte sich erneut, was das alles zu bedeuten hatte. Sie waren glücklich in England, warum hatte sein Unterbewusstsein ihm etwas anderes vorgaukeln wollen? Oder war das…Mayu runzelte die Stirn, bevor er sich von Issay gelöst hatte um ins Wohnzimmer zu gehen und den Schwan dort böse anzusehen, aber er konnte an diesem nichts ungewöhnliches feststellen, nichts schien sich verändert zu haben und doch ließ dessen Anblick ihn urplötzlich erschaudern und er hatte diesen mit einer schnellen Handbewegung in einen Block Eis eingefroren - man wusste ja nie. Es war immer gefährlich, unbekannte Magie im Haus zu haben, aber er hatte so viele Zauber auf und in dieses Haus gelegt, dass es ihm höchst merkwürdig vorkam, dass ein einfaches Artefakt so große Kräfte besitzen sollte, diese Magie einfach zu umgehen. Nein, das war sicherlich nur Einbildung. „Issay…Du hättest mir gesagt, wenn dieser Schwan lebt, nicht wahr?“ Dieser war mittlerweile ebenfalls ins Wohnzimmer getreten und nickte langsam.
 

„Natürlich. Aber ich kann dich beruhigen, ich sehe nichts. Nur einen gewöhnlichen Schwan aus einem seltsamen Material in einem Eisblock…Na komm. Lass uns was essen, vielleicht fühlst du dich dann wieder besser? Wir können ihn später immer noch untersuchen.“ Mayu schwieg, allerdings gab er seinem Liebsten im Stillen Recht - und es konnte kein Artefakt der schwarzen Magie sein, die hätte er sofort gespürt und auch Issay hätte ihm dann kaum erlaubt, diese Skulptur mitzunehmen. Nur ergründen, was es damit auf sich hatte, würde wohl eine Herausforderung werden. Nicht, dass er sich zum ersten Mal etwas stellte, dass ihm völlig unbekannt war, aber man wusste nie. Vielleicht sollte er besser seine Bücher zu Rate ziehen und einen Schutzkreis ziehen, wenn er sich daran zu schaffen machte. Ihr Frühstück verlief ruhig, bis Mayu mittendrin aufhörte zu kauen und sein Blick ins Leere ging. Als er Issay wieder ansah schimmerten Tränen in seinen Augen und er musste sich auf die Unterlippe beißen um den heiseren Aufschrei hinunter zu schlucken, welcher ihm auf der Zunge brannte. „Issay? Ich kann mich nicht mehr an die Augenfarbe meiner Mutter erinnern.“ Mayu erschauderte, als ihm ein kalter Hauch über den Rücken strich, dann verschwamm die Welt vor seinen Augen und alles wurde schwarz.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  EndlessRain
2019-10-05T19:40:29+00:00 05.10.2019 21:40
Mayu … Q________Q

Die Dorfbewohner sollten eigentlich froh sein, dass er ihnen geholfen hat <.<
Aber versteh ich das richtig, dass er seinen Vater gar nicht gekannt hatte, bis seine Mutter ihn mit in den Garten genommen hat zum Schutz? o.o" *überlegt*

Armes Kerlchen >___<

Und dieser Schwan … der hat ganz sicher was damit zu tun <.<
Mayu geht es erst schlecht, seitdem der komische Schwan da ist >___<

Aber wieso kann er sich plötzlich nicht mehr an die Augenfarbe seiner Mutter erinnern? >__<
Sag ja, böser Schwan <.<

Wieso wird er ohnmächtig? >______< *neugierig*


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